Urteil: Haftung nach Sturz von Seniorin auf stark verwitterten und unebenen Gehweg


BGH Karlsruhe, Aktenzeichen: III ZR 240/11 - Urteil vom 05.07.2012

Beengte finanzielle Verhältnisse sind keine Argumentation für die Vernachlässigung der Instandsetzung von Bürgersteigen. Das Land Berlin muss deshalb für den Sturz einer Seniorin auf einem maroden Fußweg in Berlin-Pankow haften. Das Land habe seine Verkehrssicherungspflicht verletzt, stellte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe fest und bestätigte damit die Urteile der Vorinstanzen, die der Frau Schmerzensgeld zugesprochen hatten. Das Argument der Stadt Berlin, angesichts der tiefen Löcher im Bürgersteig hätte jeder Fußgänger die Stolpergefahr erkennen müssen, ließ der BGH nicht gelten. Auch auf die leere Stadtkasse konnte sich Berlin nicht berufen. Auf dieses Urteil machen die Verkehrsanwälte (Arge Verkehrsrecht im DAV) aufmerksam. Im zugrunde liegenden Fall hatte eine Seniorin geklagt, die auf einem von ihr seit etlichen Jahren benutzten Ueberweg gestürzt war. Dieser Weg besteht aus stark verwitterten und keine ebene Fläche mehr aufweisenden Betonplatten.

Am Unfalltag blieb die Klägerin, die festes Schuhwerk trug, mit einem Fuß in einem etwa 2 bis 2,5 cm tiefen Loch hängen und fiel zu Boden, wobei sie sich schwere Verletzungen im Gesicht, Prellungen im Arm- und Brustbereich sowie eine Verstauchung des rechten Handgelenks zuzog. Das Landgericht (LG) Berlin hat der Klage im Wesentlichen - unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils der Klägerin von 10 % - stattgegeben. Die Berufung vor dem Kammergericht (KG) Berlin hat keinen Erfolg gehabt.

Der BGH bestätigte die Entscheidung des KG. Der Klägerin stehe gegen den Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz wegen schuldhafter Amtspflichtverletzung zu (§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG). Zu Unrecht beruft sich der Beklagte darauf, dass eine Pflichtverletzung angesichts der Erkennbarkeit der Gefahrenlage ausscheide. Der Beklagte habe jedenfalls gegen die ihm ausdrücklich auferlegte und über die Verweisung in § 7 Abs. 6 Satz 2 BerlStrG zum Inhalt seiner Straßenverkehrssicherungspflicht gemachte Verpflichtung verstoßen, für eine alsbaldige Wiederherstellung der Verkehrssicherheit des Gehwegs zu sorgen (§ 7 Abs. 2 Satz 5 BerlStrG). Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand des Beklagten, das Berufungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Klägerin, statt den schadhaften Ueberweg zu benutzen, auf die daneben befindliche Grünfläche hätte ausweichen können. Denn der Verkehrssicherungspflichtige kann Verkehrsteilnehmern grundsätzlich nicht entgegenhalten, sie hätten gefährliche Stellen meiden müssen. Damit würde er die ihn treffende Verantwortung unzulässig auf den Verkehrsteilnehmer abwälzen. Fehlende finanzielle Leistungsfähigkeit sei ebenfalls kein Argument, so der BGH. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Beklagte nicht einmal ansatzweise dargelegt habe, dass ihm eine Instandsetzung des desolaten berwegs aus Gründen fehlender finanzieller Leistungsfähigkeit über Jahre hinweg unmöglich gewesen sei.

 

(Quelle: Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins e.V.)

 

 

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