Urteil: Einstufung als "Montagsauto" unterliegt der Wertung durch Tatrichter


BGH Karlsruhe, Aktenzeichen: VIII ZR 140/12 - Urteil vom 23.01.2013

Stellt der Käufer Mängel an einer von ihm gekauften Sache fest, so muss dieser dem Verkäufer vor Rücktritt vom Kaufvertrag unter angemessener Fristsetzung Gelegenheit zur Nachbesserung geben. Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen. Ob der Begriff "Montagsauto" als Sinnbild eines Fahrzeugs mit besonders vielen Mängeln gerechtfertigt sei, müsse der Tatrichter am Einzelfall entscheiden, so der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Zum Fall schildern die Verkehrsanwälte (Arge Verkehrsrecht im DAV) folgenden Sachverhalt: Der Kläger kaufte im Sommer 2008 ein über 130.000 Euro teures, neuwertiges Wohnmobil von der Beklagten. Nach Uebernahme des Fahrzeugs brachte der Kläger das Wohnmobil innerhalb von neun Monaten insgesamt dreimal in die Werkstatt der Beklagten. Er mahnte über zwanzig Mängel zur Beseitigung an, u.a. Knarren der Satellitenantenne beim Ausfahren, Flecken in der Spüle, schief sitzende Abdeckklappen, lose Stoßstange, Lösen der Toilettenkassette aus der Halterung während der Fahrt.

Zwei Jahre nach Uebernahme und nachdem er zwischenzeitlich weitere Mängel selbst beseitigt hatte und auch Reparaturarbeiten hatte durchführen lies, erklärte der Kläger über einen Rechtsanwalt den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangte die Rückzahlung des Kaufpreises (abzüglich Wertminderung) und Erstattung aufgewendeter Kosten für ein Sachverständigengutachten in Höhe von insgesamt über 125.000 Euro (nebst Zinsen) Zug um Zug gegen Rückgabe des Wohnmobils . Er begründete dies mit über fünfzehn noch nicht beseitigten Mängeln, deren Reparatur nach Berechnung eines von ihm beauftragten Sachverständigen weitere fast 5.500 Euro kosten würde. Er vertritt deshalb die Auffassung, dass in Anbetracht der Vielzahl der aufgetretenen Mängel es sich um ein "Montagsauto" handele und der Rücktritt vom Kaufvertrag sei ohne vorherige Fristsetzung zur Mängelbeseitigung zulässig. Die Beklagte wies den Rücktritt zurück und bot ausdrücklich die Beseitigung vorhandener Mängel an. Auch die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. Der BGH beschäftigte sich dabei intensiv mit dem Begriff "Montagsauto". Die Richter erklärten dazu, dass die Frage, unter welchen Voraussetzungen bei einem gehäuften Auftreten von Mängeln ein sogenanntes "Montagsauto" vorliegt, bei dem eine ggfs. weitere Nacherfüllung für den Käufer gemäß § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB entbehrlich oder nach § 440 Satz 1 Alt. 3 BGB unzumutbar ist, der wertenden Betrachtung durch den Tatrichter unterliegt. Ob ein Neufahrzeug im Hinblick auf die Art, das Ausmaß und die Bedeutung der aufgetretenen Mängel als "Montagsauto" anzusehen ist, beurteile sich dabei danach, ob der bisherige Geschehensablauf aus Sicht eines verständigen Käufers die Befürchtung rechtfertigt, es handele sich um ein Fahrzeug, das wegen seiner auf herstellungsbedingten Qualitätsmängeln beruhenden Fehleranfälligkeit insgesamt mangelhaft ist und auch zukünftig nicht frei von herstellungsbedingten Mängeln sein wird. Im konkreten Fall hat der BGH eine Fristsetzung zur Nacherfüllung nicht als unzumutbar angesehen. Die beanstandeten Mängel seien lediglich "Bagatellprobleme", die nicht die technische Funktionstüchtigkeit des Fahrzeugs, sondern dessen Optik und Ausstattung betreffen und denen das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei lediglich "Lästigkeitswert" beigemessen hat.

 

(Quelle: Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins e.V.)

 

 

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